Eine Mehrwertabgabe ist nur fair – und bringt Mehrwert für alle

Kommunale Abstimmungen vom 13. Juni 2021

Gegen das vom Stadtrat beschlossene Reglement zur Mehrwertabgabe (MWAR) wurde das Referendum ergriffen. Somit wird die Stimmbevölkerung darüber entscheiden, ob von planungsbedingten Gewinnen bei Um- und Aufzonungen künftig immer noch nur die Eigentümerinnen und Eigentümer von Immobilien profitieren sollen, oder ob nicht auch das Gemeinwesen, welches diese Mehrwerte erst generiert, einen kleinen Anteil davon erhalten soll.

Unsere Meinung dazu ist klar: Die Einführung einer Mehrwertabgabe auch bei Um- und Aufzonungen ist längst überfällig und wurde bereits jetzt unnötig lange hinaus gezögert. Die entsprechende SP-Motion wurde schon vor bald vier Jahren vom Stadtrat an den Gemeinderat zur Umsetzung überwiesen.

Worum geht es?

Am 1. April 2017 sind vom Grossrat beschlossene Änderungen des Baugesetzes in Kraft getreten. Mit den Änderungen werden die Gemeinden gemäss den Vorgaben des Raumplanungsgesetzes auf Bundesebene unter anderem verpflichtet, Mehrwerte, die durch Neueinzonungen von Bauland entstehen, zu mindestens 20 Prozent abzuschöpfen. Den Gemeinden wurde daruber hinaus die Möglichkeit gelassen, auch bei der Zuweisung von Land zu einer anderen Bauzonenart mit besseren Nutzungsmöglichkeiten (Umzonung) oder bei der Anpassung von Nutzungsvorschriften im Hinblick auf die Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten (Aufzonung) eine Mehrwertabgabe zu erheben. Dies muss jedoch in einem Reglement auf kommunaler Ebene geregelt werden. Über die Einführung eines solchen Reglements stimmen wir nun ab.

Was das Reglement zur Mehrwertabgabe enthält

Das vorliegende Reglement würde die Mehrwertabgabe bei Neu-Einzonungen, welche in Nidau kaum mehr möglich sind, auf 30 Prozent des entstehenden Mehrwerts festlegen. Dies sind moderate 10 Prozent mehr als die auf Bundesebene definierte Mindestabgabe von 20 Prozent. Bei Mehrwerten von unter 20’000 Franken entfällt eine Abgabe.
Bei Um- und Aufzonungen wurde ein grosszügier Freibetrag festgelegt, nämlich 100’000 Franken. Das bedeutet, dass nur über diesem Wert liegende planungsbedingte Mehrwerte überhaupt einer Abgabe unterliegen. Auch hier ist ein Abgabesatz von 30 Prozent vorgesehen. Als EigentümerIn einer Liegenschaft oder eines Landstücks streicht man also bei grösseren, durch Auf- oder Umzonungen entstehenden Mehrwerten, immer noch mindestens 100’000 Franken ein – einfach so! Und auch vom Rest behält man noch mehr als zwei Drittel.

Die Mehrwertabgabe macht Investitionen möglich, die allen zugute kommen

Einnahmen aus der Mehrwertabgabe sind gemäss Raumplanungsgesetz des Bundes zweckgebunden. Sie dürfen – nach dem Abzug eines Kantonsanteils von 10 Prozent – neben allfälligen Entschädigungen bei planungsbedingten Enteignungen und ähnlichem nur für raumplanerisch gewollte Zwecke eingesetzt werden. Dazu gehören ökologische Aufwertungen, die allgemeine Aufwertung des öffentlichen Raums, aber auch die Förderung von Routen des Langsamverkehrs, also Fuss- und Velowege. Auch der gemeinnützige Wohnungsbau darf mit den Einnahmen unterstützt werden. Mit der Einführung des Reglements für die Mehrwertabgabe sorgen wir darum dafür, dass von planungsbedingten Mehrwerten auch die breite Bevölkerung profitiert und nicht nur die Besitzerinnen und Besitzer von Immobilien. Mehrwert für alle, statt für wenige.

Was sagen die GegnerInnen einer Mehrwertabgabe?

Grundsätzlich problematisch bei Mehrwertabschöpfungen wäre, wenn die Mehrwertabgabe bezahlt werden müsste, bevor die Zugewinne überhaupt realisiert werden. Die vorliegenden Vorlage jedoch berücksichtigt dieses Problem: Mehrwertabgaben werden erst dann fällig, wenn die zusätzlichen Nutzungspotentiale effektiv baulich realisiert werden.
Natürlich kann die Mehrwertabgabe bei betroffenen Objekten dazu führen, dass deren Handelspreise steigen. Dies fördert jedoch genau, dass die bei Um- und Aufzonungen politisch beschlossenen Verdichtungs- oder Erneuerungseffekte auch in die Tat umgesetzt werden. Das Argument, dass eine Mehrwertabgabe diesen Bestrebungen entgegen steht, ist mindestens fragwürdig. Auch werden sich bestehende Mietverhältnisse nicht verteuern, ausser es kommt im Zuge von Sanierungen, Aus- oder Umbauten zu Steigerungen des Wohnkonforts. Das ist aber auch jetzt schon so und nicht bedingt durch die Mehrwertabgabe.
Ebenfalls oft kritisiert wird, dass die Bestimmung der Mehrwerte viel Aufwand generiert, die Erträge jedoch unklar sind. Es stimmt, dass Aufwand entsteht. Aber angesichts des Entwicklungspotentials und der attraktiven Lage der Stadt Nidau kann man davon ausgehen, dass es sich lohnen wird. Es ist unter anderem darum auch essentiell, dass ein Reglement zur MWAR noch vor den anstehenden (Teil-) Ortsplanungsrevisionen umgesetzt wird und jetzt nicht auf der Zielgeraden ausgebremst wird.

Umliegende Gemeinden haben längst gehandelt

Für die positive Bilanz von Mehrwertabschöpfungen bei Um- und Aufzonungen spricht auch, dass umliegende Gemeinden längst entsprechende Reglemente haben und umsetzen. Alle umliegenden Gemeinden verfügen bereits über entsprechende Reglemente: in Biel seit 2017, in Brügg seit 2018, in Bellmund und Ipsach seit 2019, und in Port gibt es seit 2012 mindestens entsprechende Richtlinien. Die Stadt Nidau steht also isoliert da, und mit der Einführung eines MWAR-Reglements wird vielmehr ein Versäumnis aus der Vergangenheit nachgeholt, als dass es sich um ein progressives Vorhaben handeln würde. Einige Gemeinden erheben auch deutlich höhere Abgabesätze oder haben tiefere Freibeträge.

„JA“ zum Reglement über die Mehrwertabgabe

Schon 2017 hat die Sozialdemokratische Partei Nidau erkannt, dass wir in Nidau ein Reglement zur Mehrwertabgabe benötigen und im Stadtrat einen entsprechenden Vorstoss durchgebracht. Vier Jahre später ist es nun an der Zeit: Stimmen Sie am 13. Juni 2021 ab und sagen Sie „JA“ zum Reglement über die Mehrwertabgabe!

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